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Geburtsbericht im Zirkuswagon

 

Herzlich willkommen liebe LeserInnen,

heute darf ich euch eine ganz besondere Geburtsgeschichte als Interview präsentieren.

Laura hat ihren Sohn in einem Zirkuswagon zu Welt gebracht!

Lest selbst!

 

Pia: Du hast deinen Sohn mitten im Wald in einem Zirkuswagon auf die Welt begleitet,- was für eine coole Location!;)

Warum habt ihr diesen Geburtsort gewählt?

Laura: Als mein Freund und ich uns kennen lernten, waren wir ziemliche Freigeister. Wir waren beide zwar bei unseren Eltern gemeldet, wohnten dort aber eigentlich nicht. Nun ja, wir wollten trotzdem einen Rückzugsort für uns haben.

Und nachdem gerade Sommer war, entschieden wir uns für ein „Tiny Home“; sprich so eine Art Zirkuswagon, im Wald, nahe eines Baches.

Auf kaum 12 m2 hatten wir alles was wir brauchten. Zwar sehr minimalistisch, aber wir waren glücklich wie noch nie.

Ich denke, erst wenn man auf so geringen Raum miteinander auskommt und sich nicht gleich an die Gurgel springt, weiß man mit hoher Gewissheit, dass die Partnerschaft alle Höhen und Tiefen aushält. Konflikte mussten gleich geklärt werden, da man sich nicht ohne weiteres aus den Weg gehen konnte.

 

Wir merkte jetzt erst, wie wenig man eigentlich braucht, um glücklich zu sein.

 

Nach diesem Sommer sind wir dann gemeinsam in eine Mietwohnung gezogen. Als ich dann schwanger wurde, war von Anfang an klar, dass mein Kind nicht im Krankenhaus zur Welt kommen sollte. Die Mietwohnung schien mir nicht angemessen mit ihren hellhörigen Wänden. Also warum nicht dorthin zurück, wo eigentlich alles seinen Anfang nahm.


Pia: Wie kam es zu der Entscheidung für die Geburt nicht ins Krankenhaus zu gehen, sondern mit deinem Freund, einer Doula und einer Hebamme "zuhause" zu gebären?

Laura: Ich stamme aus einer Großfamilie in der Hausgeburten als etwas ganz natürliches und „normales“ angesehen werden. Meine kleinen Geschwister erblickten alle zuhause das Licht der Welt. Zudem ist meine Mutter Doula.

 

Ich wollte dort gebären, wo ich mich sicher, aufgehoben und wohlfühlte mit Menschen,

die ich kenne und denen ich vertraue.

 

All das waren Punkte für mich, die gegen eine Geburt im Krankenhaus sprachen. Als sehr freiheitsliebender Mensch, hasse ich Zeitdruck, Fremdbestimmung und Normen. Meine Geburt sollte nicht nach irgendeinem Schema ablaufen müssen, sondern in unseremTempo und nach unseren Regeln.

 

Pia: Wie hast du dich auf die Geburt vorbereitet?

Laura: Schon die Kontrollen im Krankenhaus waren sehr anstrengend und mühsam für mich. Ständige Diskussionen meines angeblich „fahrlässsigen“  Verhaltens.
Ich lies mich nicht grundlos mit Vitaminen vollstopfen, sondern achtete sehr auf eine ausgewogene Ernährung. Ich wollte nicht zu viele Untersuchungen und Ultraschalle, sondern hörte verstärkt auf meinen Körper und ich wusste einfach, dass es uns super geht. Ich bewegte mich viel, spazierte, tanzte und war somit eigentlich in einer besseren Form als je zuvor.

Ich laß viel zum Thema Alleingeburt, Hypnobirthing, Lotusgeburt etc.
Angst vor der Geburt hatte ich keine.
Das Bild einer friedvollen Geburt meines Sohnes bei Sternenhimmel visualisierte ich jeden Tag.


Pia: Was hat dir unter deiner Geburt gut getan?
Laura: Die erste Wehe spürte ich, als wir bei unseren Waldstück ankamen.

Wir wollten eigentlich noch etwas die Ruhe zu zweit genießen in unseren Zirkuswagen, aber da hatte ich die Rechnung wohl ohne meinen Sohn gemacht. Die Wehen wurden immer stärker und ich informierte meine Hebamme, mit der ich bisweilen nur 2x telefoniert hatte. Sie hatte 2 Std. Fahrt vor sich und wusste von der Location noch nichts. Ein Blind Date sozusagen. Meine eigentliche Hebamme ließ mich einfach kurz vor dem Et sitzen.
Da das Haus meiner Eltern einige Meter entfernt ist, besuchte ich meine Geschwister noch und trank noch einen Kaffee. Die Wehen wurden stärker und ich nahm noch ein Bad im Haus meiner Eltern.

Mein Freund sollte währenddessen ein Lagerfeuer bei unseren Wagon machen.

 

Auf den Weg dorthin bewunderte ich den sternenklaren Himmel und genau über unseren Wagon erschien eine riesige, klare Sternschnuppe. So eine deutliche hatte ich noch nie gesehen.

 

Schon sehr ironisch, vor allem dann, als der Esel meiner Mutter, der nicht weit entfernt graste, noch laut gab. Meine Mutter/Doula kam später hinzu und brachte mir einen Tee und stellte mir ein Bett nahe dem Feuer, damit ich noch etwas ausruhen konnte.

So um Mitternacht kam dann die Hebamme und meinte, dass es wohl noch etwas dauern wird und ich probieren solle, noch etwas zu schlafen. Doch an Schlaf war nicht zu denken

 

Die Wehen waren im Stehen einfach viel angenehmer und so tanzte ich noch etwas zu Bob Marley.

 

Als es dann wieder heller wurde, spazierte ich noch etwas die Waldlichtung auf und ab. Alleine die Ruhe genießen, während noch alles schläft. Vormittags bin ich dann noch mal ins Haus um zu baden. Ich hatte mir zwar eine Outddoor-Dusche und ne Badewanne in den Wald gestellt, aber ich wollte einfach den Komfort des warmen Quellwasser aus der Leitung und nicht erst das kalte Wasser erhitzen. Dort half mir meine Mutter/Doula beim Veratmen der Wehen. Ein wirklich schöner Moment, der uns noch näher brachte.

 

Zur Mittagszeit bin ich raus, weil auch die Wanne nur noch unangenehm war. Ich konnte weder sitzen, liegen noch stehen. Ich sollte noch mal spazieren gehen, doch das war einfach nur unangenehm.

Darum bin ich zurück in den Wagon und stützte mich auf einen Sessel ab. Ich war schon ziemlich ko.

Essen bekam ich keines runter. Und auch die Geburt kam immer wieder für längere Zeit ins Stocken.

 

Ich war einfach zu angespannt, wollte einfach nur noch meine Ruhe und alleine sein.

Schmerzmittel wollte ich keine.

 

Als ich das Gefühl hatte, dass sich nichts tut, untersuchte mich die Hebamme. Mein Muttermund war am Schambein hängen geblieben, schwoll dadurch immer mehr an und musste wieder hinaufgeschoben werden. Aua. Sie erklärte mir, dass sie das machen muss, da er sonst ganz zuschwellen könnte und das Baby nicht mehr raus kann. Auch sein Köpfchen hatte sich nicht richtig einstellen wollen und sie musste nachhelfen. Bei einer späteren Untersuchung platzte dann auch die Fruchtblase (sie hat sie nicht aufgemacht), was auch eine Erleichterung war. Die Untersuchungen unter den Wehen fand ich fast schlimmer als die Wehen zu dem Zeitpunkt. Vielleicht, weil ich da nicht frei stehend konnte.

Ich war schon langsam mit meinen Kräften am Ende und bei den Presswehen musste mir die Hebamme drücken helfen…ich hatte einfach keine Kraft mehr. Sie tat das aber so sanft, dass ich es als gar nicht schlimm empfand. Wir entschieden uns für die Hocke als Gebärposition, da diese am wirkungsvollsten und schnellsten sein würde.

 

Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon 23Std non-stop Wehen hinter mir. Die Hocke war sehr unangenehm, aber ich wollte einfach so schnell es ging mein Baby im Arm halten. Auch weil ich vermuetete, dass sie mich bald ins Krankenhaus verlegen müsste, wenn mein Baby nicht bald kommen würde... Kurz vor der Geburt verlangte ich nach meinem Freund und meiner Mutter/Doula.

 

Ich wollte eigentlich schon aufgeben, aber als die Hebamme mich das Köpfchen tasten ließ,

entwickelte ich auf einmal ungeahnte Bärenkräfte.


Mein Freund setzte sich hinter mich und solle mich auf Befehl der Hebamme schnell aus der Hocke heben.

 

Und „Hoch!“. Da war er auch schon!

Er schrie eine Sekunde kurz auf und begutachtete dann gleich alle sehr kritisch.

Er kam sofort auf meine Brust.


Die ersten Tage meines Wochenbetts waren sehr schön. Ich hatte sogar ein Bett draußen in der Sonne.:)

 
Pia: Was wünscht du dir für deine nächste Geburt?(falls du noch ein Baby bekommen möchtest)
Laura: Wir hatten uns eigentlich für eine Lotusgeburt (das Baby bleibt auch nach der Geburt mit der Plazenta verbunden, bis sich diese von selbst löst) entschieden, doch verlor ich leider mehr Blut und meine Plazenta sollte lieber schnell geboren werden. Die Nabelschnur pulsierte auch nicht mehr und war nur ganz dünn. Darum schnitt die Hebamme sie durch.

Es musste leider schnell gehen, mein Freund musste zu diesem Zeitpunkt gerade frische Luft schnappen. Sie spritze mir was gegen die Blutung und versuchte durch vorsichtiges Drücken auf den Bauch, die Plazenta zu lösen.

Sei es durch den höheren Blutverlust, den Hormonrausch oder weil es eben so schnell gehen musste,-

mir fehlt das Gefühl die Plazenta „geboren zu haben“.

Das möchte ich, falls noch mal eine Geburt ansteht anders machen.

Auch möchte ich dieses zwar nicht schmerzvolle, absolut sanfte drücken auf den Bauch vermeiden.

Ich weiß nicht, ob ich einfach so schmerzvolle Wehen hatte, dass ich keinen Druck dort gespürt habe...

Dort, wo die Hebamme gedrückt hat, hab ich die einzigen paar Dehnungsstreifen bekommen...

Inwieweit das zusammenhängt, weiß ich jedoch leider nicht mit Gewissheit.
Auch möchte ich mich in den Wehenpausen so viel es geht entspannen und schlafen.


Sollte es von der Jahreszeit wieder passen, würde auch das nächste Baby „draußen“ gebären.

 

Und beim Wochenbett möchte ich mir mehr Ruhe gönnen und den Besuch auf wenige Minuten reduzieren. Ich empfand es als sehr stressig.

Pia:Gibt es etwas, dass du Frauen gerne mitgeben möchtest?
Laura: Frau sollte einfach tief in sich hineinhören, was sie möchte und was sie nicht möchte.

 

Es nicht nur eine Geburt in der man schnell mal ein Kind auf die Welt bringt.

Auch die Frau wird unter einer Geburt „neu geboren“.

Man merkt erst was für Kräfte in einem schlummern.

 

Vor der Schwangerschaft war ich sehr schüchtern, zurückhaltend und wollte es allen recht machen. Doch ich musste mich ständig für meine Entscheidung einer Hausgeburt behaupten lernen bei Ärzten, Hebammen, Verwandten und Freunden.

 

Nur weil es nicht dem heutigen Standard entspricht, ist es nicht falsch und fahrlässig, sondern für mich das Beste und nur das hat mein Kind und ich verdient.


Man merkt die Hausgeburt meinen Sohn auch an, er ist die Ruhe schlechthin, nur am Lachen und immer gut drauf. Uns hat man so gut es ging die Zeit gelassen, die wir brauchten.


Liebe Grüsse!

 

      

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Kommentare: 5
  • #1

    Johanna (Donnerstag, 12 April 2018 12:19)

    Ich bin wirklich beeinruckt von eurer Geburt, liebe Laura! Kann man sich eine schöne Geburt wünschen?? ;)
    Ich hoffe, ich schaffe das auch so gut wie du!
    Johanna 23ssw,erstes Baby

  • #2

    Maria (Donnerstag, 12 April 2018 19:32)

    Wow!!! Danke!!!
    Der Geburtsbericht bzw das Interview hat mir so viel Mut gegeben, wirklich auf das zu hören, was für MICH wirklich wichtig ist! Danke!
    Maria mit Babyboy in der 33 Schwangerschaftswoche

  • #3

    Frauke H. (Donnerstag, 12 April 2018 19:35)

    Hallo ihr beiden,
    ich mache gerade bei Pia den ganzheitlichen online Geburtsvorbereitungkurs und bin mega erfüllt davon! Dennoch tun mir die positiven Geburtsberichte sooooo gut! Es gibt mir einen richtigen push und ich denke dann immer: JA, ES IST WIRKLICH MÖGLICH EINE TOLLE GEBURT ZU ERLEBEN!!!
    Also DANKE an euch beiden!
    Herzengrüße aus Köln

  • #4

    Elli (Donnerstag, 12 April 2018 19:45)

    einfach nur hammer cool!! ich schwanke noch sehr, ob ich mich wirklich traue, eine Hausgeburt zu machen aber dein Bericht ist einfach nur toll!
    Pia, wir hören uns nächste Woche zum ersten Modul des Geburtsvorbereitungskurses, ich freue mich so sehr! Elli

  • #5

    Maya N. (Donnerstag, 12 April 2018 22:40)

    Wie toll! Herzlichen Glückwunsch, Laura! Ohne dich zu kennen, möchte ich dir sagen, dass ich dich super mutig finde!
    Ich bin auch im online Geburtsvorbereitungskurs bei Pia und nehme soooo viel wertvolles mit für meine Geburt! Eine Hausgeburtshebamme gibts aber hier auf dem Land leider nicht... so blöd...
    Naja, alles Liebe für dich und deine Familie! Deine Maya