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Höher! Weiter! Scheitern.

 

 

Ich weiß, dass wir schnell, schnell machen sollen. Irgendwer hat das irgendwann mal gesagt. Und so wird’s gemacht.

Was passiert, wenn wir mal langsam machen würden? Wirklich einmal ,,immer mit der Ruhe"?

 

Ach egal.

 

Wir machen weiter. Rennen weiter, trinken weiter, reden weiter, steigen höher.

Wir rennen einem Ziel hinterher und machen dabei Dinge, die uns gesellschaftstauglich machen. Dinge, die wir denken sein und leisten zu müssen, ohne uns zu fragen, ob es uns entspricht. Damit sind wir nicht allein allein. Mindestens zu zweit allein während wir uns gegenüber sitzen und so tun als ob.  

 

Danach? 

 

Machen wir weiter. Rennen weiter, trinken weiter, reden weiter, steigen höher.

Warum schnell, schnell? Wovor rennen wir weg? Was trinken wir uns schön und warum nicht mit beiden Beinen auf dem Boden statt immer höher und schnell, schnell weiter?

Ich glaube, wir wissen warum. Aber wir wissen auch, wie verdammt groß der Mut sein muss, um einfach mal stehen zu bleiben. Dem Gefühl das Mikro in die Hand zu drücken und den Verstärker einzuschalten, statt über sich selbst zu trampeln nur um schnell, schnell weiter. 

Das, was Angst macht, ist nicht die Ruhe im Außen, sondern die Vermutung, dass in dir ein tobender Sturm lärmt, sobald du den Raum für Innenschau eröffnest. Angst vor all den Gefühlen, Sorgen, Ängsten, Wünschen.

Angst davor, zu fühlen, dass der Weg, den du gerade gehst, für jeden logisch, plausibel und äußerst pfiffig erscheint. Außer für dich.

Dass du Dinge tust, weil man es halt so macht. Dass du mit läufst, um nicht blöd da zu stehen. Weiter trinkst, um nicht allein zu sein. Weiter redest, obwohl dir nach ,,Schnauze!" wäre und höher steigst, obwohl das gerade ganz schön wackelig wird.

Du sagst nein zu dir, während du über deine Grenzen gehst und Dinge lebst, die alle so machen, obwohl sie dir nicht entsprechen. Du kehrst dir selbst den Rücken zu, während du vorsichtshalber Mainstream fühlst statt ruhig zu werden und nach Innen zu schauen. Es kann Angst machen, sich selbst zu sehen, statt einfach weiter zu machen, weiter zu rennen.... Herz über Kopf ist leichter gesagt als getan. 

Wann hat es angefangen, dass wir uns selbst  verlassen um etwas hinterher zu laufen, was wir glauben sein zu müssen? Seit wann fällt es so schwer, die eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren und für die eigenen Grenzen einzustehen?

Wir haben bereits als Kinder gelernt, lieber das zu tun, was die Anderen sagen, weil es sonst Ärger gibt. ,,Weil es Regeln gibt, an die man sich nun mal halten muss“ und du ungezogen vielleicht sogar nervig bist, wenn sich deine Bedürfnisse, von denen deiner Eltern unterscheiden. So gar nicht braves Mädchen eben. 

Das, was wir als Kinder blitzschnell verstehen ist, dass es im Leben Gesetze gibt, in denen wir eben nicht frei sein und gerade heraus sagen dürfen, was wir wollen und wo genug ist. Die Oma darf einen schließlich so lange küssen, bis sie nicht mehr mag.

‚Wenn ich in diesem Moment, ja zu meinen Grenzen sagen würde, wäre Mama beschämt und Oma sicher enttäuscht.‘

Es entsteht ein Leben, in dem wir das Gefühl haben, zum Anderen nein zu sagen und ihn damit unsanft wegstoßen, obwohl wir ja zu uns und den eigenen Grenzen sagen. 

Denn das, was in Wahrheit passiert, wenn wir authentisch für uns einstehen, ist ein weiches ja zu uns. 

Wir dürfen Gespräche beenden, Verabredungen absagen und Umarmungen verneinen, weil uns einfach gerade nicht danach ist. 

Wir tun es nicht, weil wir fürchten nicht geliebt zu werden. Lieber gehorchen, sonst ist Papa böse und Mama traurig.

Ja, scheiße! Es kann sein, dass meine Mama die Hände über dem Kopf zusammen schlägt, wegen all diesem Blog- Ding und Coaching- Gedöns und mein Vater sich fragt, was zur Hölle ich hier gerade tue!

Und ja, der Gedanke daran, berührt mich.

Aber ich möchte für das gesehen werden, was ich bin, nicht für das, was ich denke sein zu müssen ohne meine Größe zu leben. Ich möchte aufhören zu handeln um gesehen zu werden und anfangen aus meiner ganzen Kraft zu schöpfen und mich dafür selber feiern. 

 

Ich möchte meinen Kindern nicht sagen ,,von nix, kommt nix" oder ,,kommt ja nichts von selbst" weshalb es logisch, plausibel und pfiffig ist, dies zu tun und das zu lassen.

Ich möchte meinen Kindern sagen, dass alles von selbst, wenn es vom Selbst kommt. Wenn sie ruhig werden, ihrer inneren Stimme folgen, auf ihr Herz hören, Grenzen setzen und Bedürfnisse äußern. Dann ist da nicht nix. Dann wird aus dem Vollen geschöpft, und zwar vom Feinsten, denn dann schöpfen wir aus uns!

Dann sind wir weder allein, allein, noch zu zweit allein, weil wir nicht so tun müssen als ob. Dann können wir unsere Größe und Liebe spüren und das Miteinander teilen. 

Dann können wir gehen wohin unser Herz uns führt. Trinken solang es Spaß macht, reden bis wir nicht mehr möchten und steigen für den Ausblick. Nicht um gesehen zu werden, sondern um sich selbst für die eigene Kraft und den eigenen Mut zu feiern.

 

Danach? 

 

…ist alles ruhig. Kein lärmender Sturm. Dann spüre ich meine Lebenskraft auf meinem Weg, sehe mich und kann meinen Kindern lehren sich treu zu bleiben. 

Das ist mein Ziel.

So bleibe ich mir treu.

So respektiere ich meine Grenzen.

Dann bin ich so, wie ich gemeint bin.

 

-Pia Mortimer-

 

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